Gerade hat es das Urteil des Finanzgerichtes (FG) Köln zu den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen im Onlinehandel gegeben, das zu einem Aufatmen geführt hat. Jetzt kommt der Bundesfinanzhof (BFH) mit einem neuen Urteil um die Ecke, dass wieder mächtig Öl ins Feuer gegossen hat. Nach Auffassung des BFH muss eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung u.a. die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten. Diese Voraussetzung ist nach Ansicht des BFH nur dann erfüllt, wenn der leistende Unternehmer unter der angegebenen Anschrift geschäftliche Aktivitäten entfaltet. Im Festsetzungsverfahren kann sich der Leistungsempfänger hinsichtlich des Vorliegens dieser Merkmale nicht darauf berufen, dass er insoweit gutgläubig war
(BFH, Urteil v. 22.7.2015 – V R 23/14; veröffentlicht am 2.9.2015).
Hintergrund: Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Eine solche Rechnung muss gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten.
Sachverhalt: Die Klägerin handelt mit Kraftfahrzeugen. Fraglich war im Streitfall u.a., ob sie Vorsteuerbeträge aus Rechnungen an eine „D-GmbH“ abziehen kann. Das Finanzamt vertrat insoweit die Auffassung, dass es sich bei der D-GmbH um eine „Scheinfirma“ handele. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts befand sich unter der Rechnungsanschrift zwar der statuarische Sitz der D-GmbH. Die D-GmbH hatte unter der angegebenen Anschrift jedoch tatsächlich keine Geschäftsräume angemietet. Vielmehr hatte die dort wohnende Person mit der D-GmbH zum einen vereinbart, dass sie Post entgegen nehme, und zu diesem Zweck ein entsprechendes Firmenschild an ihrem Briefkasten angebracht. Zum anderen hatte sie sich bereit erklärt, Buchhaltungsarbeiten für die D-GmbH zu erledigen und – in Zusammenarbeit mit einem Steuerberater – Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen. Weitere geschäftliche Aktivitäten der D-GmbH fanden an dieser Anschrift nicht statt. Auch der in ihren Rechnungen angegebene Telefonanschluss befand sich nicht an dieser Anschrift. Tatsächlich hatte die D-GmbH Räumlichkeiten unter einer anderen Anschrift angemietet. (mehr …)