Urteil des BGH: Sind tatsächlich anfallende Versandkosten im Warenkorb auszuweisen?

Wie ein Onlinehändler-Verband berichtet, wurde kürzlich ein Onlinehändler von der Wettbewerbszentrale abgemahnt, weil er die Versandkosten nicht bereits in seinem virtuellen Warenkorb konkret ausgewiesen hatte. Angeblich hatte der Händler in seinem virtuellen Warenkorb nur die Zwischensumme der Bestellung sowie den Hinweis „zzgl. Versandkosten“ angegeben, wobei über die Worte „zzgl. Versandkosten“ auf eine Informationsseite im Online-Shop verlinkt wurde, auf der die konkreten Versandkosten aufgeführt waren. Über die konkret anfallenden Versandkosten wurde erst am Ende des Bestellprozesses, unmittelbar bevor der Kunde seine Bestellung absenden kann, informiert.

Hierin sah die Wettbewerbszentrale angeblich einen Verstoß des Händlers gegen die Vorgaben der Preisangabenverordnung und stützte sich dabei auf ein Urteil des BGH vom 16.07.2009 (Az.: I ZR 50/07).

Darin hatte der BGH auszugsweise Folgendes festgestellt:

Fallen bei der Online-Bestellung von Waren Versandkosten an, darf hierüber nicht erst belehrt werden, wenn der Verbraucher die ausgewählte Ware in den virtuellen Warenkorb legt. Es genügt aber, wenn bei der Präsentation der Ware ein allgemeiner Hinweis auf Versandkosten erscheint und gleichzeitig ein Bildschirmfenster mit Informationen über die Berechnung der Versandkosten geöffnet werden kann. Die im Einzelfall anfallenden Versandkosten sind dann bei Aufruf des virtuellen Warenkorbs anzugeben.

Sachverhalt

Die Beklagte betreibt einen Online-Shop. Die Waren, digitale Kameras, präsentierte sie auf der Internetseite mit einer kurzen Beschreibung und einer Preisangabe. Über die Versandkosten wurde der Kunde erst informiert, wenn er die Waren in den virtuellen Warenkorb gelegt hatte. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Die Beklagte handele zudem irreführend, indem sie mit einem Testergebnis werbe, ohne die Quelle des Tests anzugeben. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten war erfolglos.

Entscheidung

Da die Vorschriften der PAngV Marktverhaltensregeln sind, verstößt gegen § 4 Nr. 11 UWG, wer nicht oder nicht rechtzeitig angibt, ob und in welcher Höhe beim Kauf zusätzlich Versandkosten anfallen (§ 1 II 1 Nr. 2 PAngV). Nach dem BGH ist die Höhe der Versandkosten ein Kriterium für den Kaufentschluss. Daher sei es erforderlich, dass der Verbraucher, der im Internet Ware bestellt, die Angaben nicht erst bei Ausführung der Bestellung erhält, sondern schon, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. Die Höhe der im Einzelfall anfallenden Versandkosten sei aber häufig variabel, weil sie z.B. davon abhänge, wie viel der Verbraucher bestellt. Es sei daher nicht zwingend, bereits in der Produktwerbung die konkret entstehenden Versandkosten anzugeben. Es genüge, wenn in der Produktbeschreibung zunächst allgemein auf die Versandkosten hingewiesen wird („zzgl. Versandkosten“), sich aber bei Anklicken oder Ansteuern des Hinweises ein Fenster öffne, in dem der Besteller übersichtlich und ausführlich über deren Berechnungsgrundlagen informiert wird. Roulette spielen und online roulette spielen. Im Warenkorb müsse dann die Höhe der konkret anfallenden Versandkosten angegeben werden.

Praxistipp

Die vom BGH erlassene Entscheidung ist denkbar unglücklich formuliert und lässt zweierlei Auslegung zu – wovon jedoch eine an der Realität vorbeigehen dürfte. Derzeit muss daher jeder Betreiber eines Online-Shops selbst entscheiden, welches Risiko er insoweit einzugehen bereit ist. Für Händler, die jegliches Risiko vermeiden möchten, stünde folglich nur die Berechnung einer einheitlichen Pauschale für alle Transaktionen oder aber die gänzlich versandkostenfreie Lieferung offen.


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